Ästhetische Modulation affektiver Valenz

Emotionsbewertung:
Ästhetische Modulation affektiver Valenz

Arbeitsgruppe am Exzellenzcluster Languages of Emotion der Freien Universität Berlin

Thomas Jacobsen, Winfried Menninghaus –  Wissenschaftliche Leitung
Julian Klein – Künstlerische Leitung
Valentin Wagner, Mareike Vennen – Wissenschaftliche Mitarbeit
Alexandra Deutschmann, Natalie Zehnder – Künstlerische Mitarbeit
Wissenschaftliche Mitwirkung:
Johannes Bohn, Philipp Ekardt, Julian Hanich, Nele Lensing, Daniela Schönle, Mira Shah
Künstlerische Mitwirkung:
Arndt Schwering-Sohnrey, Claus Erbskorn, Natalie Schramm, Henrike Beran, Bruno Derksen, Henrike Meyer, Robert Feigel, Stefan Pernthaller

Warum bereiten uns negative Emotionen häufig auch Vergnügen? In dem interdisziplinären Forschungsprojekt untersuchen Psychologen, Film- und Literaturwissenschaftler sowie die Künstler der Gruppe a rose is in zwei psychologischen Experimenten die Lust an unangenehmen Gefühlen im Zusammenhang künstlerischer Erlebensweise – den Effekt der „ästhetischen Modulation affektiver Valenz“ anhand negativer Emotionen in künstlerischen Rahmungen: die Freude am Ärger im Theater („Brain Check“) und die Faszination des Ekels an Objekten („Oxybox“).

Brain Check – ein psychologisches Theaterexperiment zum emotionalen Erleben von Ärger

Können wir auch Ärger genießen? Es gibt sicher Menschen, die sich lustvoll erregen können, um ihrem Ärger Luft zu machen, und auch solche, die unbedingt gewinnen wollen beim Mensch-ärgere-dich-nicht und daher das Risiko des Ärgerns während des Spiels in Kauf nehmen. Aber Lust am Ärger müsste bedeuten, dass der Ärger selbst genussvoll erlebt wird. Hierzu unternahm die Arbeitsgruppe Ästhetische Modulation affektiver Valenz der Freien Universität Berlin ein Theaterexperiment.

Wir erarbeiteten eine einstündige Aufführung, in deren Zentrum ein Schauspieler mit je einem Besucher ein psychologisches Experiment durchführt, dessen Ziel es ist, den Ärger des Besuchers zu provozieren. Nach dem Modell anderer psychologischer und Ärger induzierender Studien wurde den Besuchern angekündigt, dass mit ihnen ein „kognitiver Leistungstest“ durchgeführt werden soll, in dessen Verlauf Kompetenzen wie Geschwindigkeit, Gedächtnis, Intelligenz und Kreativität gemessen werden. Im eigentlichen Experiment werden sie dann jedoch recht unwürdig behandelt, zudem von einer Person, die offenbar wenig kompetent ist, die ihnen Aufgaben mit eigenartigen Zumutungen stellt, und die sie an der optimalen Erfüllung der durchaus zu bewältigenden Aufgaben hindert, ohne zudem auf unqualifizierte, anzügliche und politisch unkorrekte Kommentare zu verzichten, vor allem über die angeblich mangelhafte Leistung und Motivation des Probanden. Anders als in den Vorlagen aus den Studien haben wir zusätzlich auch besonderen Wert auf eine dramaturgisch einigermaßen anspruchsvolle Text- und Inszenierungsgestaltung gelegt. Als Maß für die Verärgerung wurde der Gefühlszustand erfragt und der Blutdruck gemessen, jeweils vier Mal: vor dem Test, sowie etwas nach Beginn, kurz vor Ende und nach dem aufklärenden Nachgespräch mit einem der Experimentatoren.

Diese Aufführung wurde einerseits unter dem Pseudonym einer bis dato unbekannten Künstlergruppe auf einem realen Theaterfestival gezeigt, und gleichzeitig wurden per Annonce einer fiktiven Agentur Probanden zu einer Studie gesucht. Die Theaterbesucher zahlten Eintritt, die Probanden bekamen eine Aufwandsentschädigung. Die Probanden der Studie der fiktiven Agentur wussten nicht, dass sich dahinter eine Theaterproduktion verbarg, und weder sie noch die Besucher der Theaterproduktion wussten, dass sich hinter der Theateraufführung wiederum eine ‚echte’ psychologische Studie verbarg. Die Schauspieler ihrerseits waren nicht darüber informiert, ob sie es gerade mit einer Probandin oder einem Festivalbesucher zu tun haben.

Publikationen über das Experiment

Valentin Wagner, Julian Klein, Julian Hanich, Mira Shah, Winfried Menninghaus, Thomas Jacobsen
Anger Framed: A Field Study on Emotion, Pleasure, and Art
Psychology of Aesthetics, Creativity, and the Arts, Dec 14, 2015

Julian Klein
Emotionstheater? – Anmerkungen zum Spielgefühl
Forum Modernes Theater 25(1):77-91 (2010)

Gespräch von Martin Tröndle und Julian Klein über das Theaterexperiment „Brain Check“
Wie kann Forschung künstlerisch sein?
in: Tröndle M., Warmers J. (Hg.): Kunstforschung als ästhetische Wissenschaft. Bielefeld: transcript 2011.

 

 

Julian Klein [et al.]. zynk – Brain Check. 100 Grad Berlin. Sopiensæle Berlin, 2010

Thomas Jacobsen [et al.]. „AngIE (Anger Induction Experiment) – ein psychologisches Theaterexperiment zum emotionalen Erleben von Ärger.Emolution 2010. Institut für künstlerische Forschung, Radialsystem V Berlin, 2010.

Vollständige Liste der Mitwirkenden/Mitautoren der Aufführung und der Studie: Julian Klein, Thomas Jacobsen, Valentin Wagner, Alexandra Deutschmann, Arndt Schwering-Sohnrey, Claus Erbskorn, Natalie Schramm, Henrike Beran, Barbara Gstaltmayr, Johannes Bohn, Mira Shah, Nele Lensing, Daniela Schönle, Julian Hanich, Mareike Vennen, Philipp Eckart, Winfried Menninghaus.